Wasserzeichen

14./17.06.19: Thalia-Ensemble führt Urfaust auf

Theater Urfaust 6/19Theater Urfaust 6/19Bericht: Herr Lutz, Fotos: Herr Faul, Herr Scheidel

„Seien wir jung, seien wir wild und lassen wir Wut und Verzweiflung zu – was draus zu machen ist ein Leben lang Zeit." Dazu ruft Herrn Gutmanns Resümee im Programmheft auf. Das wird von seinem Thalia-Ensemble bei den Aufführungen des „Urfaust" am 14. und 17.06.2019 beherzt umgesetzt und greift unausweichlich auf das Publikum über.

Mit der ersten Fassung des Urfaust hat sich die Schauspieltruppe eines Textes angenommen, der genau so jung und wild daherkommt. Noch steckt Goethe im emotionalen „Sturm und Drang". Die Wogen der Empfindung werden sich erst später in der Weimarer Klassik legen und den „Faust" in seiner finalen Fassung ermöglichen. Auch wenn in dieser Version des Faust-Mythos einige Publikumslieblinge unter den Szenen wie etwa die Wette, des Pudels Kern oder die Hexenküche fehlen, zeichnet doch bereits der Urfaust die zentrale Liebestragödie zwischen Faust (Darién Graber) und Margarethe (Fabienne Ehrensberger) nach.

Er – frustrierter Professor und sie – unschuldiges Fräulein, kommen zusammen, da sich Mephisto (Theresa Mohr und Maximilian Bergweiler) dem Liebesbegehren Fausts annimmt. Nebenher bringt er (verkleidet als Faust) auch noch junge Studenten (David Reeber) vom rechten Weg ab und bedient sich der Kupplerin Marthe (Theresa Mohr), um letztlich erfolgreich zu sein. Von da an nimmt die Tragödie ihren Lauf. Gretchen will die Mutter in tiefen Schlaf versetzen, um sich etwas gemeinsame Zeit mit Faust zu verschaffen. Der Plan geht schief: Die Mutter schläft nun den ewigen Schlaf, aus dem es kein Erwachen mehr gibt. Gequält von bösen Geistern (Angelique Deutschmann) verliert die eben noch unschuldige Jungfrau ihre Seelenruhe. Sie wird schwanger und ihr Bruder Valentin (Jason Hauck) darüber beinahe verrückt. Schließlich tötet sie das Neugeborene und landet dafür im Kerker, wo sie lieber auf Ihre Hinrichtung wartet, statt „ihrem Heinrich" in die Freiheit zu folgen, wo der verruchte Mephisto die beiden erwartet.

Die Inszenierung ist modern, aber nicht übertrieben und durchweg textimmanent. Das minimalistische Bühnenbild besteht nur aus Bücher-Hockern, die live vor den Augen des Publikums beim Szenenwechsel umgebaut werden. Genauso reduziert ist die Requisiten-Sammlung: Ein Buch genügt, um mit der Phantasie der Schauspieler und des Publikums jeden Gegenstand zu ersetzen. Wie ironisch, wenn man bedenkt, dass es gerade die trockene Eintönigkeit der Bücher war, die Faust in die Arme Mephistos getrieben hat...

Auffällig ist dabei auch die multimediale Gestaltung, die in Kombination mit Gesangseinlagen den umfangreichen Sprechtext auflockert: Stimmen aus dem Off, teilweise sogar auf Englisch und bewusst unverständlich unterstützen die besondere Atmosphäre einiger Szenen. Videoeinspieler (z. B. mit Charlotte Volkemer als Gretchens Freundin Lieschen) per Beamer für Rückblicke und eine intelligente Trennung von Denk- und Sprechtext, wobei ersterer vorher aufgezeichnet vom Tonband kommt, zeigen was dem Avantgardisten Goethe vielleicht selbst eingefallen wäre, hätte ihm die heutige Technologie zur Verfügung gestanden. Jeder Kunstgriff, dessen sich die Inszenierung bedient, wirkt dabei gekonnt, nicht gekünstelt.

Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, die schauspielerische Leistung des Ensembles zu würdigen. Souffleuse Vanessa Zimmermann muss den textsicheren Schülerinnen und Schülern nur selten aushelfen. Hier brilliert vor allem die geniale Doppelbesetzung des Mephisto, aber auch die anderen Darsteller wachsen spürbar genau in die ihnen zugewiesenen Rollen hinein.

„Jung und wild" in Ensemble, Inszenierung und Text – so begeisterte der Urfaust auf der Bühne des Leibniz-Gymnasiums das Publikum und wurde mit stürmischem Applaus gefeiert.

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